Interdisziplinarität im Bobath-Konzept

Für die Verbesserung der Lebensqualität eines von neurologischer Erkrankung betroffenen Erwachsenen oder eines von angeborener oder erworbener Bewegungsstörung betroffenen Kindes arbeiten viele Berufsgruppen. Alltags- und Handlungsorientierung, dialogische Interaktion und die sich befruchtende und ergänzende Interdisziplinarität sind Prinzipien, die das Bobath-Konzept für Pflegende, Therapeuten und Ärzte als roten Faden bereithält. Es gilt sich nicht im Dschungel der möglichen therapeutischen Schritte einzelner Disziplinen zu verlieren. Die kontinuierlich zwischen Befund und Therapie wechselnde Herangehensweise nach dem Bobath-Konzept ermöglicht optimale individuelle Zielfindung für jeden Patienten in seiner Umwelt.

Schon die Begründer des Bobath-Konzepts arbeiteten interdisziplinär und dialogisch. So beobachtete die Physiotherapeutin Berta Bobath bei der Behandlung eines Patienten mit erworbener Hirnschädigung sensomotorische Phänomene, die ihr Ehemann, der Arzt Karel Bobath, durch neurophysiologisches Wissen theoretisch untermauerte.

Die ganzheitliche Sichtweise – auf das Kind mit zerebraler Bewegungsstörung oder auf den Erwachsenen mit neurologischer Erkrankung – hat zur Folge, dass der Patient nicht als Objekt mit spezifischen, isolierten zu therapierenden Problemen, sondern in seiner ganzen Persönlichkeit wahrgenommen wird. Zur Persönlichkeit des einzelnen gehört seine unmittelbare Umwelt. Eltern und Angehörige werden auf adäquate Weise mit in die alltagsbezogene Behandlung eingewiesen.

Da das Konzept auf so umfassenden Grundlagen aufbaut ist es möglich, dass es von Therapeuten verschiedener Berufsrichtungen angewandt wird – von Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden. Dem Arzt ist die Kenntnis des Bobath-Konzepts eine große Hilfe sowohl bei der Diagnostik und der Interpretation von Beobachtungen als auch bei der Beratung von Eltern, Bezugspersonen und Angehörigen. Von speziell geschulten Kranken- und Altenpflegern wird die aktivierende Pflege (das 24- Stunden-Konzept) nach dem Bobath-Konzept umgesetzt.

Zu dem Team, das sich um die Verbesserung der Lebensqualität eines neurologisch erkrankten Erwachsenen oder eines Kindes mit angeborener oder erworbener Hirnschädigung bemüht, gehören auch Orthopädietechniker und Hilfsmittelversorger. Auch sie sollten die Grundlagen verstehen, auf denen der individuelle Behandlungsplan des komplex erkrankten Menschen aufgebaut ist. Die Bedingungen für die Entwicklung eines Kindes mit Bewegungsstörung und die Erfolgsaussichten für einen erwachsenen Patienten lassen sich verbessern, wenn auch Pädagogen und Betreuer mit den Maßnahmen nach dem Bobath-Konzept vertraut sind.

Interdisziplinarität und Interprofessionalität lassen sich zum Wohle des Patienten verwirklichen, indem die Disziplinen und Professionen, also Pflegende, Ärzte, Therapeuten und Angehörige auf Augenhöhe miteinander kommunizieren.